Punkt 8 Uhr wieder den Platz am Frühstückstisch eingenommen und “As usual” geordert. Dann frisch gestärkt für den Tag vorbereitet und um kurz vor 9 verlies der Franzosen-Express das Gelände. Ohne dabei wie einige andere Gäste die halbe Einfahrt umzugraben.
Nach kurzer Fahrt passierten wir bereits „The Balvenie“ und direkt danach „The Glenfiddich“, ohne jedoch anzuhalten. Erst einmal ging es ins Städtchen Dufftown. Es galt die Bar-Reserven aufzufüllen. Doch dies gestaltete sich schwieriger als zuerst gedacht. Die Geldautomaten sind echt gut versteckt in Schottland – Hinweisschilder über ihnen, wie wir es hierzulande kennen Fehlanzeige. Aber wenn man erstmal weiß, wonach man schauen muss, geht es dann doch recht gut. Diesmal half uns aber eine nette Angestellte aus dem lokalen Supermarkt.
Mit dicker Hose, der Automat gab nur 10-Pfund-Noten aus, zurück zum Auto und ab zur Brennerei. Die Tour hatte ich bereits Ende 2016 gebucht, da ein Besuch nur mit Tour möglich ist und diese schnell ausgebucht sind.
Überpünktlich, 9.30 Uhr, kamen wir am Visitor-Center an und wurden von unserem Guide Charles erst etwas frostig begrüßt. Als dann aber klar war, dass wir wirklich gebucht haben wurde er sehr freundlich und bat uns in den Warteraum. Hier gab es Kaffee und Tee für den der wollte und so verstrich die Wartezeit auf die anderen Teilnehmer recht zügig. Jedoch waren es am Ende nur sechs statt der erwarteten neun – und dazu noch zwei Teilnehmer ohne Anmeldung. Die fehlenden Teilnehmer waren zwar auf dem Gelände, aber hatten sich dann auf Grund der „zu langen Tour“ dafür entschieden, wieder zu fahren. Verstehe wer will, es steht klipp und klar auf der Homepage, dass mit drei Stunden Dauer zu rechnen ist. Aber letzten Endes war die Größe so auch perfekt!
Mit zwei anderen Teilnehmern, Marc und Pam aus Minnesota, kamen wir schnell ins Gespräch. Das andere amerikanische Pärchen war hingegen eher reserviert und ruhig.
Charles führte uns dann entlang dem Herstellungsprozess über das Gelände der Brennerei. Malzböden, Mühle, Kiln. Von dort zu den Mash Tuns beider Destillen; die Kininvie-Brennerei nutzt die Infrastruktur ebenfalls. Abschließend dann der Besuch im Heiligsten, dem Brennraum. Die Führung sehr plastisch, es war viel Zeit für Fragen und Fotos und immer wieder wurden wir animiert Dinge anzufassen, zu probieren oder uns am Gerste-Wenden zu üben.
Nach dem kleinen Rundgang ging es mit einem Kleinbus das kurze Stück zum anderen Ende des Geländes in die eigene Küferei. Hier schauten wir einige Zeit zu, wie die Fässer überholt wurden. Im Vergleich zur Speyside Cooperage in 2015 gab es hier keine Glasscheibe, so dass Geräusche und Gerüche ungefiltert zu uns drangen. Nachdem unser Guide auch hier alle Fragen erschöpfend beantwortet hatte, die beiden amerikanischen Pärchen schienen noch extrem frisch und neu in der Materie des Whisky, kamen wir dann endlich zum interessantesten Teil.
Hierzu wieder per Bus zurück zur eigentlichen Brennerei und dort ins Warehouse 24, dem einzigen Bereich der gesamten Tour, bei der wir alle Fotos und Handys abgeben mussten. Immer wieder lustig, wie unterschiedlich dieses Thema bei den einzelnen Brennereien gehandhabt wird…
Im WH24 dann Verkostung dreier Whisky direkt aus dem Fass, zweimal Bourbon (13 und 14 Jahre) und einmal Sherry (14 Jahre). Anschließend durfte jeder sich eigene Flaschen direkt vom Fass abfüllen, ein Angebot was ich für alle drei Fässer annahm (£30 pro 200ml-Flasche). Mit der Beute unterm Arm dann zurück ins Visitor-Center zum abschließenden Tasting.
Charles kredenzte uns hier zur Einstimmung einen 12er Double-Wood, gefolgt von einem 14er Carribean-Rum-Cask. Danach gab es den 15er Single Cask Sherry und den älteren Bruder des Opener, den 17er Double Wood. Abgeschlossen wurde das Tasting dann mit dem Tun 1509, Batch 3. Die Dame des zweiten, ruhigen Pärchens sprach den Drams kräftig zu und da ihr Mann fahren musste trank sie sein eben mit. Und das nach der Ankündigung gleich zu Anfang, dass sie keinen Alkohol vertrage. Überhaupt war sie während der Tour mehr und mehr durch Lautstärke und nervige Fragerei aufgefallen – auch unser Guide schien mittlerweile Mühe zu haben, Ruhe zu bewahren.
Irgendwann waren dann alle Gläser geleert und es ging ans Bezahlen im Shop direkt nebenan. Dort griff ich mir Charles und fragte unter Vier-Augen nach dem Sonder-Dram für die Mitglieder der WH24-Community. Grinsend bat er mich etwas Ruhe zu bewahren und einfach mit Niels noch etwas sitzen zu bleiben. Die anderen vier Teilnehmer waren alle nicht Mitglied und deshalb wollte er warten, bis sie weg sind.
Mit der Botschaft ging es dann zurück in den Tastingraum und kurz Niels informiert. Dann Verabschiedung von Marc und Pam. Kurz darauf wurde dann auch die „laute Dame“ von Ihrem Mann abgeholt. Zum Glück, sie begann gerade ihre Krankengeschichte und andere persönliche Details zu erzählen…
Als wir dann mit Charles alleine waren schenkte er uns noch einen 43er Single Cask ein. Nach den sechs vorherigen, in kurzer Zeit getrunkenen Drams eigentlich zu Schade. Die Zunge war doch schon arg beschäftigt und „beschlagen“ 😀
Danach noch netter Plausch mit unserem Guide und ihm etwas Trinkgeld in die Hand gedrückt. Hat er echt gut gemacht! Niels zahlte noch und dann ging es auch für uns los. An Auto fahren natürlich gar nicht zu denken, so kehrten wir erst einmal im Sidings Cafe nebenan ein, um uns zu stärken.
Dies gelang sehr gut mit Suppe, Bacon-Roll und einer Quiche. So beschäftigt waren wir mit dem Essen, dass wir glatt das laute Ami-Paar „übersahen“ 😛
Etwas erholt beschlossen wir die nähere Umgebung zu erkunden. Zuerst ging es zu Fuß zur naheliegenden Glenfiddich-Brennerei. Dort ein paar Schnappschüsse gemacht und eine Runde durch das Visitor-Center gedreht. Aber das war uns viel zu überkandidelt und aufpoliert. Waren also schnell wieder raus und gingen dann weiter zum Balvenie Castle. Dort kurz überlegt, ob wir es besichtigen wollen – doch gefühlt hat man von außen schon alles gesehen und so sparten wir uns das Geld für den Eintritt.
Über einen kleinen Hügel ging es dann nach Dufftown rein und etwas kreuz und quer durch die Straßen. Als uns das dann auf Dauer zu langweilig wurde kehrten wir noch einmal auf einen Kaffee und einen Scone ein. Nach dieser erneuten Stärkung führte uns der Weg zurück zum Auto. Einige Stunden vergangen, somit alles im grünen Bereich, wir fuhren zurück.
Da wir fürs Essen noch viel zu früh waren, machten wir einen kleinen Schlenker über Walkers und bunkerten dort ordentlich Kekse ein. Die B-Ware war aber auch preislich extrem fair. Nur eine SMS meines Lieblings-Wirt verwirrte mich im Nachgang etwas, er suche nach den Space-Walkern. Ich versprach ihm am nächsten Tag noch einmal zu fragen, da wir bereits wieder unterwegs waren.
An der Craigallechie-Bridge dann noch eine kurze Foto-Session bevor wir endlich ins Highlander Inn fahren konnten. Nach der Enttäuschung am Vorabend waren wir gespannt, was uns heute hinsichtlich Essen und Service erwarten sollte. Zumal die beiden Lokationen nur wenige Meter auseinanderliegen. Doch wir wurden extrem positiv überrascht und das obwohl wir wirklich etwas versteckte Plätze gewählt hatten.
Wohlig gesättigt und rundum zufrieden ging es zurück ins B&B – dort wartete Dave mit einer Überraschung, die wieder einmal zeigt, wie klein die Welt ist. Marc und Pam, die beiden netten Amis von der Balvenie-Tour, hatten für eine Nacht eingecheckt. Sie waren gerade nochmal weg zum Essen, aber später würde man sich sicher sehen.
Gegen 19 Uhr saßen wir dann mit Bier und Whisky im Kaminzimmer, jedoch ohne Feuer. Es war einfach zu warm 😀
Ich übergab Dave dann noch einen Teil der mitgebrachten Craft-Biere für ihn und seinen Schwiegersohn Collin, den wir diesmal leider verpasst haben. Aber beim nächsten Mal dann – immerhin hat er einen Job bei Glenfiddich, Vielleicht geht da was für uns 😀
Etwas später schauten Marc und Pam dann auch tatsächlich nochmal kurz rein. Da beide aber an dem Morgen um 4 Uhr von Edinburgh losgefahren waren, verabschiedeten sie sich bald darauf ins Bett.
Niels und ich folgten dann etwas später auch – ein erneut toller und relaxter Tag geht zu Ende.