Aufwachen ohne Wecker – und trotzdem früh und pünktlich. Lange nicht mehr so gut und tief geschlafen!
Punkt acht, Ordnung muss ein, Landung am Frühstückstisch. Neben dem obligatorischen Müsli-Joghurt dann natürlich noch das Full Scotish geordert. Das Land verpflichtet schließlich 🙂 Niels wagt erneut das Experiment mit dem Kaffee, wobei bereits zwei Jahre vorher das CCH hier positiv hervorgestochen hatte. Gut, wenn man sieht was uns sonst häufig als Kaffee verkauft worden war, lag die Latte nicht sehr hoch!
Frisch gestärkt besprechen wir den Tag und sind uns schnell einig: Bewegung muss her. Das permanente Rumsitzen am Tag zuvor war uns beiden auf die Nerven gegangen. Also Karte raus und geschaut. Die Entscheidung fiel dann für den Speyside Way, zumindest einen Teil der vierten Etappe. Kleiner Tagesrucksack gepackt, Foto geschnappt und Sonnenbrille auf – los geht’s!
Vom Country House geht es ein kurzes Stück bergab, vorbei an der Knockando Woolmill und der Tamdhu Brennerei runter zur Spey. Wir folgen dem Weg, der leider etwas oberhalb des Flusses verläuft. Entlang der alten Bahnstrecke Strathspey Railway passieren wir kurz darauf die Knockando Destille. Leider ist auch diese, wie Tamdhu, nicht für Besucher offen. Und mach das mit diversen Schildern auch sehr deutlich.
Weiter geht es, immer entlang der Spey, jedoch selten mit Blick aufs Wasser. Schade, da hatten wir uns mehr erhofft! Aber auch so war es schön, die Beine zu vertreten und die Landschaft in sich aufzunehmen. Bei strahlend blauem Himmel genossen wir den Schatten der Bäume und Büsche um uns herum. Da soll mal einer sagen in Schottland regne es nur…
Kurz darauf verlassen wir den schmalen Weg durchs Grün und sehen rechts von uns einen charakteristischen Schornstein. Nanu, noch eine Destille? Handy raus, Google Maps auf und siehe da – Tatsächlich! Die Dalmunach Distillery, auf dem Gelände der ehemaligen Imperial Brennerei. Der Weg führt uns entlang der imposanten aber sehr schön anzuschauenen Gebäude. Große Glasfronten lassen den Blick auf die Brennblasen zu; einige Fotos halten dies fest. Doch unsere Vorfreude wird je gebremst als wir die Einfahrt erreichen: „Not open to public“. Warum, ganz ehrlich, WARUM baut man so hübsch und prächtig, wenn man dann doch niemanden rein lässt. Was soll dieses Ganze „No Public“ Zeug? Das nervt echt gewaltig! Ich habe absolutes Verständnis, wenn nicht überall üppige Touren etc. angeboten werden. Aber wer sich so viel Mühe gibt beim Design und Bau seiner Destille – der sollte doch jeden Interessenten mit stolzgeschwellter Brust herumführen wollen. Aber vllt. kommt das ja noch in Zukunft. Also dann, weiter geht es. Dann halt keinen Weg-Dram zur Stärkung. Merke ich mir 😀
Es geht wieder mehr ins Grüne und weiter entlang der ehemaligen Bahnstrecke. Insgesamt sehr entspannt zu laufen, kaum Höhenunterschiede und sehr breite Wege. Aber wie schon erwähnt leider immer von Bäumen und Büschen umgeben und so leider weder Blick auf den Fluss, noch auf die imposante Landschaft.
Wenig später erreichen wir die alte Bahnstation von Dailuaine – da musste ich natürlich schnell einen Abstecher zur naheliegenden Destille für ein paar Fotos machen. Kenne ich doch einen großen Fan dieser Brennerei. Das freudige Feedback zu den direkt gesendeten Bildern folgte dann auch prompt. Doch für uns ging es erst einmal weiter, Aberlour war jetzt nahe und wir entschlossen, dort eine Rast einzulegen. Im bereits bekannten Supermarkt dafür ein paar Sandwiches und etwas zu trinken besorgt und dann endlich eine Bank mit Blick aufs Wasser gefunden. Überhaupt mal eine Bank mit Blick auf etwas – die bisherigen hatten so grandiose Aussichten auf Dinge wie „Zugewachsener Busch“, „Großer Baum“ oder auch einfach „Im Rücken hätten sie einen tollen Ausblick“.
Das vorbeiziehende Wasser, der blaue Himmel, die kräftige Sonne – Mensch, ist wie Urlaub. Doch halt, nicht einschlafen. Wir müssen schließlich noch zurück. Also, Handy gezückt und Weg geplant. Gleiche Strecke zurück? Hm, ne, lass mal sein. Aber hier schau mal, da geht ein Weg doch relativ direkt. Ja schon, aber ab hier (Hälfte des Weges) nur noch an der Straße entlang, ohne Fußweg. Hm, haste recht, auch doof. Aber hey, wenn wir hier den kleinen Schlenker machen sind wir zwar etwas länger unterwegs, dafür aber viel weniger an der Straße.
Gesagt – getan! Rucksack geschulter und den Rückmarsch angetreten. Durch erneut tolle Landschaft, vorbei an Schafen und Kühen, teils in der Sonne, teils im Schatten. So marschierten wir fröhlich vor uns hin, bis wir dann etwa eine halbe Stunde vorm Ziel den Wegteil erreichten, der an der Straße entlangführte. Ohne Seitenstreifen und wirkliche Möglichkeiten den Autos und LKWs aus dem Weg zu gehen nahmen wir diese letzte Strecke des Tages in Angriff und waren wieder einmal von den hiesigen Autofahrern überrascht. Wann immer möglich fuhren sie einen großen Bogen über die Gegenfahrbahn wenn sie uns passierten und reduzierten immer das Tempo. Denke daheim in Deutschland hätten wir uns im Gegensatz dazu diverse Hupkonzerte anhören und eindeutige Gesten anschauen dürfen.
Um kurz vor fünf waren wir dann endlich wieder im Countryhouse und gönnten uns erst einmal ein Belohnungsbier in der Sonne. Der Schrittzähler zeigte stolze 24km Tagesstrecke. Das konnte sich sehen lassen und so entspannten wir noch etwas bei tollstem Wetter, bevor es unter die wohlverdiente Dusche ging.
Das Abendessen nahmen wir dann im Pub des Craigellachie Hotel, dem Copper Dog ein. Insgesamt ein Abend der eher in der Kategorie „Einmal und nie wieder“ fällt. Das Essen selbst soweit ordentlich, aber das geheime Gewürz “Salz” war wohl noch nicht in der Küche erforscht worden. Zum Glück stand je ein Salz- und Pfefferstreuer auf dem Tisch zum Nachwürzen. Der stets bemühte Service verstand es aufs Vortrefflichste uns zu verwirren, in dem immer wieder neues Personal an unseren kleinen Tisch geschickt wurde, um immer wieder die gleichen Fragen zu stellen. Wurde mir dann irgendwann etwas zu bunt und ich wies darauf hin, wir hätten nun mittlerweile zweimal bestellt und hätten 1) Gerne unsere Getränke und 2) Dann auch zeitnah das Essen. Amüsiert beobachteten wir weiter wie das Servicepersonal wie ein Haufen Insekten um das Licht, den „Chef des Services“, schwirrten. Wenn es ein System dabei gab, dann ist es am ehesten mit Chaos zu beschreiben. Der Barchef musste mittlerweile auch ein Schleudertrauma vom permanenten Kopfschütteln haben. Aber zumindest er schien sein Fach zu beherrschen und den Überblick zu haben.
So hielten wir uns auch nicht lange mit der Suche nach einer Bedienung auf, als wir fertig gegessen hatten, sondern signalisiertem ihm, dass wir bitte zahlen wollen. Das war schnell erledigt und wir auf dem Weg ins B&B. Unterwegs noch Wasser für die nächsten Tage gebunkert und dann Apres-Sun. Die Sonne über den Tag hatte dann doch ihre Spuren auf uns hinterlassen. Sehr deutliche Spuren!
Im Country House dann der übliche Abendausklang bevor es vorfreudig ins Bett ging. Morgen steht endlich die erste Destille an. Und mit „The Balvenie“ eine, von der ich im Vorfeld viel Positives hinsichtlich der Tour gehört habe.